Gardetanz: Hochanspruchsvoller Sport mit Spaß und Ästhetik

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Der karnevalistische Tanzsport kennt viele Disziplinen. Die Tanzarten werden durch den Gardetanz bereichert, welches in speziellen Vereinen ausgeübt wird. Die Tänzer müssen große Anforderungen erfüllen.

Gardetanz genauer betrachtet: Tänzer sind Hochleistungssportler

Jeder kennt den Karneval mit seinen unterhaltsamen Tänzen. Wie hoch der Anspruch hinter den scheinbar einfachen Tänzen ist, wird meist nicht erkennbar. Das Tanzmariechen bekommt seine Bewunderung, doch wie schwer der Weg bis hin zur perfekten Hebefigur war, bleibt dem Zuschauer verborgen. Der Gardetanz gilt als Wettkampftanz, der nach speziellen Reglungen stattfindet und für den in eigenen Tanzvereinen geübt werden kann. Der Tänzer benötigt nicht nur einen flexiblen Körper, sondern auch viel Ausdauer und allgemein eine gute Fitness. Um erfolgreich zu sein, muss der Tänzer akrobatische Fähigkeiten ebenso mitbringen wie die Fähigkeit zur Synchronität mit anderen Tänzern.

Leistungssport Tanzen?

Wenn Tänzer mehrmals wöchentlich trainieren, sind sie ebenso stark gefordert wie Leistungssportler. Herausfordernd sind die unterschiedlichen Schrittkombinationen und Formationen der Tänzer. Die Tänzer müssen alle Schrittfolgen mit dem rechten Fuß beginnen, hinzu kommen akrobatische Übungen wie Spagat und Räder.

Meist ist vorgeschrieben, ob Männer oder Frauen tanzen sollen, teilweise können diese auch gemischt in der Gruppe tanzen. Die Zuschauer lernen ein Thema kennen, welches von den Tänzern durch die Musik und durch den Tanz dargestellt wird. Es wird für den Tanz eine Kombination aus herkömmlichen Marschschritten und teilweise modernen Tanzstilen gewählt. Jazzdance und Modern Dance werden als Ergänzung zu den alten Tanzstilen gewählt. Die Experimente mit unterschiedlichen Stilen sind üblich. Neue Elemente werden damit geschaffen. Die Choreografien können davon nur profitieren und werden deutlich umfassender und abwechslungsreicher.

Das Tanzmariechen als Königin zeigt den Zuschauern einen eindrucksvollen Tanz, der aus den verschiedenen Elementen zusammengesetzt ist. Neben Begabung und hartem Training im Bereich Turnen, Ballett und Tanzen muss das angehende Tanzmariechen sehr viel Ehrgeiz und Erfolgswillen aufweisen. Üblich sind auch Flickflack, Bogengänge und Spagat. Tänzer müssen Figuren aus dem Ballett ebenso vorweisen können wie bestimmte Schritte aus dem Tanz oder bei den Hebefiguren und Sprüngen. All das erfordert ein Höchstmaß an Fitness und den eisernen Willen, es bis ganz nach oben zu schaffen.

Feste Kriterien für Gardetänzer

Wie streng ist der Gardetanz aufgebaut? Die Choreografie des Gardetanzes ist der wichtigste Aspekt. Hier gibt es auch im Paar- oder Gruppentanz keinen Freiraum für Improvisationen. Die Verbände für den Karnevalstanz haben strenge Richtlinien, nach denen sie Bewertungen auf Turnieren und Wettbewerben vornehmen. Verschiedene Kriterien laufen zusammen und werden von den Verbänden bei der Bewertung berücksichtigt.

  1. Ausnutzen der ganzen Bühne beim Tanzen
  2. Zum Tanz gehört auch die Musik, diese wird in Bezug auf Melodie und Rhythmus jederzeit einbezogen
  3. Musik und Tanz stimmen in Tempo und Harmonie überein
  4. Wiederholungen gezeigter Tanzelemente dürfen nicht vorkommen
  5. Einzelne Elemente werden in fließendem Übergang gezeigt
  6. Tänzer müssen sich immer bewegen
  7. Fokus auf ausdrucksstarkem Tanz
  8. Bei Verzicht auf Thema: Tanz muss mit Show-Einlagen punkten
  9. Positiv strahlende Tänzer bevorzugt
  10. Kein Dauergrinsen erwünscht!
  11. Einbeziehen von Armen und Beinen in den Tanz
  12. Leistungsstand der Tänzer muss der Choreografie entsprechen, keine Über- oder Unterforderung der Tänzer
  13. Harmonische Darstellungen gewünscht
  14. Die Verbote der Verbände sind zu beachten
  15. Beim Paartanz muss synchron getanzt werden
  16. Welche Elemente in den Tanz aufgenommen werden, darf frei entschieden werden

Tänzer müssen ab und zu die Uhr zur Hilfe nehmen, denn sie haben zur Umsetzung aller Kriterien bzw. für ihre Darbietungen nur eine bestimmte Zeit. Sie müssen mit ihrer Darbietung innerhalb des gesetzten Zeitrahmens bleiben, ansonsten riskieren sie Abzüge. Eine Beachtung der Tanzrichtlinien ist wichtig. Die Verbände bewerten mit ihren eigenen Richtlinien die Darstellungen der Tänzer.

Geschichtlicher Hintergrund des Gardetanzes

Nur die wenigsten Wissen, dass die Geschichte des Gardetanzes bis ins vergangene Jahrhundert reicht. Das Wesen des Tanzes ist über die Jahre hinweg immer wieder angepasst worden. Einst zogen Männer die Exerzierübungen und das Militär durch den Kakao. Bis Anfang des 19. Jahrhunderts hielten diese Männergruppen durch. Die Damen, die ungefähr in der Mitte des 20. Jahrhunderts die Bühnen eroberten, traten noch in langen Röcken auf. Die Kleidung der Tänzer ist robuster geworden, denn längst ist der Gardetanz kein einfacher Tanz mehr, sondern eher akrobatische Übung. Alles zielt auf Belastbarkeit ab, außerdem tragen die Tänzer auf der Bühne von heute elastische Tanzschuhe für eine bessere Beweglichkeit. Nichts muss mehr elegant sein, es geht um die Betonung der eigenen Figur sowie um die Belastbarkeit der Kleidung.

Der langsame Wandel des karnevalistischen Tanzsports

Der karnevalistische Tanz wurde durch die Nazis beeinflusst. Einst war das Tanzmariechen ein Mann. Ab den 1920er Jahren tanzte der Mann, der als Funken bezeichnet wurde, auch. Die Nazis fürchteten homosexuelle Anspielungen und so mussten die Männer die Bühne zugunsten der Tänzerinnen räumen. Für viele Jahre standen nur noch Frauen zum Karnevalstanz auf der Bühne. Männer wurden erst wieder in den 1980er und 90er Jahren auf die Bühne gelassen. Die Anforderungen im Tanz veränderten sich bald. Das anstrengende Training muss beim Tanzsport bis zu dreimal pro Woche eingeplant werden. Der Deutsche Sportbund hat den karnevalistischen Tanz sogar als Leistungssport anerkannt. In den einzelnen Altersklassen finden inzwischen deutschlandweit Wettbewerbe statt.

Deutsche Verbände wachen über die Einhaltung der Gardetanzarten

Der Gardetanz ist nicht immer gleich. Die diversen Tanzarten im Gardetanz erfordern jeweils eigene Wettbewerbe. Die einzelnen Verbände in Deutschland richten die Wettbewerbe aus und beaufsichtigen diese. Die Verbände wollen für eine faire Bewertung sorgen und achten streng darauf, dass alle Richtlinien eingehalten werden. Durch die regelmäßigen Kontrollen soll auch die Sicherheit im Tanzsport gewährleistet werden. Verbote zu Wurf- und teilweise Hebefiguren sind daher üblich. Was erlaubt ist und was nicht, richtet sich unter anderem nach der Altersklasse.

Unterschiedliche Gardetanzarten im Überblick

Die Tanzvereine in Deutschland bieten unter anderem die folgenden Tanzarten im Gardetanz an:

  • Solotanz

    Der Polkarhythmus liegt zugrunde, getanzt wird auf Instrumentalmusik.

    Der Tänzer kann seinen Tanz frei gestalten bzw. kann dieser zusammen mit dem Choreografen frei erarbeitet werden.

    Der Tänzer muss in der Lage sein, die Bühne für sich einzunehmen und das Publikum in seinen Bann zu ziehen.

    Der Solotanz wird oft als sehr ästhetisch empfunden und lebt von der Ausstrahlung des Tänzers.

  • Gardetanz mit Paartänzern

    Auch der Paartanz nutzt den Rhythmus der Polka und darf nur als reiner Instrumentaltanz gezeigt werden.

    Der Tanz ist frei zu gestalten, der Choreograph muss sich nur an die geltenden Verbote halten – z. B. das Verbot von Hebefiguren für Kinder unter 14 Jahren.

    Der Tanz soll einen Paarbezug aufweisen und die Partner sollen so wenig wie möglich allein tanzen müssen.

    Der Choreograf ist frei in der Gestaltung der Tanzfiguren.

    Wurffiguren sind nicht zulässig.

  • Garde-Polkatanz-Gruppe

    Der Polkarhythmus ist maßgeblich und bildet den Hintergrund für das kontinuierliche Hüpfen. Marsch darf weder mit den Tanzfiguren noch als Musik gewählt werden.

    Das gilt sowohl für die Musik selbst als auch für die gewählten Tanzschritte.

    Ansonsten ist die Choreografie frei zu entwickeln, wenn beachtet wird, was die Verbände einige Verbote ausgesprochen haben – u. a. Wurffiguren.

    Wichtig ist, dass die gewählten Figuren den Fähigkeiten aller Tänzer der Gruppe entsprechen.

Verbände beaufsichtigen die Regelungen im Gardetanz

Ein Verband ist der Bund Deutscher Karneval. Der Verband führt die meisten Mitglieder in Deutschland. Jugendliche und Junioren haben die Wahl zwischen verschiedenen Disziplinen: Tanzpaar, Tanzgarde und Tanzmariechen stehen zur Wahl. Das Tanzmariechen ist immer weiblich, das Tanzpaar besteht aus einem weiblichen und einem männlichen Tänzer. In der Tanzgarde können sowohl weibliche als auch männliche Tänzer aktiv sein. In den Ü15-Gruppen sind Tanzmariechen und Tanzpaare möglich, bei der Tanzgarde darf nur ein Drittel Männer mittanzen. Der Bund Deutscher Karneval achtet bei der Bewertung der Tänze vor allem auf die Vielfalt der Schritte. Die Tänzer sollen darüber hinaus Freude auf der Bühne zeigen und eine variantenreiche Choreografie präsentieren.

Des Weiteren ist die Rheinische Karnevals Kooperation zu erwähnen. Insgesamt gibt es sechs Disziplinen im Gardetanz und das schon seit 2019. Wer an Wettbewerben teilnehmen möchte, wird bei diesem Verband in eine der drei Altersklassen eingeteilt: Kinder, Junioren und Senioren. Die Turniere werden bis zur Deutschen Meisterschaft ausgerichtet. Der Verband setzt bei der Bewertung vor allem auf die Synchronität und auf harmonische Bewegungen aller Tänzer. Die Tänzer sollen laut Vorgaben des Verbandes möglichst vielfältige Schritte präsentieren und ihre Freude am Tanzen deutlich erkennen lassen.

Zuletzt seien der Deutsche Verband für Garde- und Schautanzsport sowie die Internationale Interessengemeinschaft für Tanzsport. Ligen sind die Basis für die Bewertung der Leistungsklassen im Deutschen Verband für Garde- und Schautanzsport. Die Leistungslevels werden damit vergleichbar. Der Gardetanz hebt sich in diesem Verband deutlich von den beiden vorgenannten Verbänden ab. Der Verband legt Wert auf zackige und gerade Bewegungen sowie vielfältige Schritte und nicht auf Spagate. Die Kombination von Arm- und Beinbewegungen muss so anspruchsvoll wie möglich sein. Hingegen erlaubt die Internationale Interessengemeinschaft für Tanzsport keinen Radschlag.

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